Abstracts

Jun.-Prof. Dr. Naciye Kamcili-Yildiz

In den letzten Jahren beschäftigen sich islamische Religionspädagog*innen mit verschiedenen Professionalisierungsansätzen und beforschen den Beruf des islamischen Religionslehrkraft in empirischer Perspektive. Der Vortrag geht diesen Ergebnissen nach und zeigt die Probleme und Herausforderungen dieser neuen Berufsgruppe an deutschen Schulen.

Apl. Prof. Dr. Jörg Imran Schröter

Mit Thomas Bauers These, dass es in der islamischen Gelehrsamkeit des Mittelalters eine hohe "Kultur der Ambiguität" (2011) gegeben habe, ist der Begriff der "Ambiguitätstoleranz" geradezu zu einem Modewort in der gegenwärtigen islamischen Theologie in Deutschland und Österreich geworden. Was aber bedeutet dieser Ansatz für eine islamische Religionspädagogik, die jungen Menschen Orientierung bieten und sowohl den Mut, Fragen zu stellen, als auch die Notwendigkeit, Position zu beziehen, vermitteln möchte?

Prof. Dr. iur. Çefli Ademi

Der Begriff "Scharia" wird oft missverstanden. Es handelt sich dabei nicht um ein festgefügtes und einheitliches Rechtssystem, sondern um die Gesamtheit göttlicher Normen. Das islamische Recht (Fiqh) beschäftigt sich mit den sog. Verhaltensnormen und ist ein menschlicher und somit fehlbarer Versuch, diese durch Ableitung und Interpretation aus der Offenbarung zu entnehmen. Muslimische Jurist*innen beanspruchten in der Regel nicht, mit dem Ergebnis ihrer Auslegung definitiv die Rechtsnorm Gottes zu treffen, sondern nach dem Wahrscheinlichsten zu streben. Dieser Wahrscheinlichkeitscharakter des islamischen Rechts förderte dessen Vielfalt und Ambiguität, welche im Vortrag näher beleuchtet werden sollen.

Dr. Janosch Freuding

Während interreligiöser Lernvorgänge sind immer wieder Mechanismen des Othering, des ausgrenzenden "Fremdmachens", zu beobachten. Ansätze interreligiöser Bildung müssen hier darauf achten, keine gesellschaftlichen Ausgrenzungsdiskurse zu reproduzieren. Gleichzeitig kann es auf individueller Ebene zu irritierenden Fremdheitserfahrungen kommen, die ebenfalls pädagogisch ernst genommen werden sollten. Im Vortrag werden diese beiden Zugänge aufeinander bezogen und Perspektiven einer otheringkritischen, erfahrungssensiblen interreligiösen Bildung diskutiert.

Mag. Andreas Menne, MA

Seit der Reformdekade um 1968 gilt "Ideologiekritik" als religionspädagogischer Strukturbegriff. Selbst wenn von einer durchgehenden, aber dünnen Tradition der Ideologiekritik im Religionsunterricht gesprochen werden kann, hat deren konzeptionelle Bedeutung seit Mitte der 70er-Jahre stetig nachgelassen. Ausgehend von berechtigter Kritik will der Vortrag dabei helfen, den Begriff "Ideologiekritik" als religionsdidaktisches Lernprinzip neu zu denken. Exemplarisch lassen sich diese Überlegungen für den Religionsunterricht anhand des kommunikationswissenschaftlichen Ansatzes der Framing-Analyse veranschaulichen. Mit ihrer Hilfe können mediale Diskurse über Religion, z.B. die sogenannte "Kopftuchdebatte", im Religionsunterricht ideologiekritisch untersucht werden.

HS Prof. Dr. Bettina Brandstetter

Bildungseinrichtungen sind zu Kontaktzonen unterschiedlich familiär, kulturell und religiös geprägter Kinder und Jugendlicher geworden. Dort werden Fragen der Zugehörigkeit, sozialen Position und Identität ausgehandelt. Auch Religionspädagogik ist in diese Prozesse involviert und benötigt daher eine Sensibilität für Diskurse, also für jene Wissensordnungen und Normalitätsvorstellungen, die diesen Aushandlungsprozessen zugrunde liegen. Dabei geht es darum, machtvolle Differenzierungen wahrzunehmen, benachteiligende Dynamiken zu unterbrechen und eine ermächtigende Aufmerksamkeit zu entwickeln.

Prof. Dr. Erol Yildiz

Der Vortrag zeigt, wie Menschen in einer postmodernen und zunehmend digitalisierten Gesellschaft ihre Biographien gestalten, kulturelle und religiöse Orientierungen entwickeln und welche Zukunftsperspektiven sich daraus ergeben. Die Gesellschaftsdiagnose "postmodern" soll dabei nicht bedeuten, dass die "Moderne" an ihr Ende gekommen und wir in eine neue Phase eingetreten sind. Vielmehr geht es zunächst darum, etablierte Vorstellungen von Kontinuitäten der (westlichen) Moderne in historischer Perspektive zu überdenken und eine andere Genealogie der Gegenwart zu entwerfen. Anschließend wird diskutiert, wie und in welcher Weise der rasante Wandel der Kommunikationsformen und der sozialen Interaktion durch Globalisierung, Digitalisierung und Mobilität unser Wissen, unsere Weltdeutungen, unsere Erfahrungen und unsere Lebensentwürfe gegenwärtig maßgeblich beeinflusst. Die These ist, dass die Synthese von lokalen und globalen Elementen in der digitalisierten Postmoderne - sei es im urbanen Umfeld, in Jugendkulturen und in individuellen Lebensentwürfen - neue Möglichkeiten für kulturelle Orientierungen und Identitätsvorstellungen schafft, die für das Verständnis von Gesellschaft und für Lern- und Bildungsprozesse von großer Bedeutung sind. Aus einer subjektorientierten Perspektive wird anhand von biographischen Beispielen gezeigt, wie Menschen vor Ort unterschiedliche Elemente miteinander verbinden, aufeinander beziehen und welche Praktiken, Lebensentwürfe und Kompetenzen daraus entstehen (können). Der Fokus richtet sich auf Jugend, Identität, Migration, Religiosität und soziale Medien.